Neuer Spielraum für die Polizei
Bei einem Treffen am 14.10.2010 in Zgorzelec kamen die Innenminister beider Länder Thomas de Maiziere und Jerzy Miller überein, dass ein neuer bilateraler Vertrag über die Zusammenarbeit der Polizei notwendig ist, um diese zu vertiefen. Die Befugnisse der Polizei sollen erweitert werden, so dass polnische Polizisten auf deutscher Seite und deutsche Beamte selbstständig und ohne Probleme auf polnischer Seite operieren können. Jerzy Millen gab an, dass er darüber bereits mit den Bürgermeistern von Zgorzelec und Görlitz gesprochen hat und diese für neue Regelungen plädierten. Die Bewohner beider Städte sollen das Projekt befürworten. Woher sie diese Überzeugung haben, wurde nicht gesagt, sie sollen nur genickt haben, als der polnische Innenminister über das neue Projekt sprach. Erstaunlich ist ebenfalls, dass die Erweiterung der polizeilichen Befugnisse parallel zur Öffnung des Arbeitsmarktes für polnische Bürger und Firmen in Deutschland am 01.05.2011 erfolgt.
Die Minister haben jedoch versichert, dass sich die erweiterten Befugnisse der Polizei und der größere Zuständigkeitsbereich nur auf schwere Kriminalverbrechen und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität wie zum Beispiel bandenmäßige PKW-Diebstähle oder den Drogenhandel beziehen. Minister de Maiziere bestätigte, dass Fahrzeugdiebstähle momentan ein ernsthaftes Problem in ganz Deutschland sind, die Statistiken verzeichnen seit 2-3 Jahren einen stetigen Zuwachs. Festgenommene Mitglieder krimineller Gruppen, die sich mit diesen Diebstählen befassen, sind oft deutsche Staatsbürger. – sagte de Maiziere. Die seit fast einem Jahr geführten Pilotprojekte zur Kooperation der deutschen und polnischen Polizei – polnische Ermittlungs- und Fahndungsgruppen „Nysa“ und „Grom“ - haben sich in der Praxis bewährt. Die Minister gehen davon aus, dass einige der dabei getesteten Ansätze zum Standard im deutsch-polnischen Grenzgebiet werden sollten.
Eine engere Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Polizei ist notwendig, doch diese kann nicht durch zentral gesteuerte Vorhaben von oben herab initiiert werden, ohne zuvor die Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenze zu konsultieren. Bislang hat Deutschland einzig mit Österreich ein Abkommen unterzeichnet, es fehlen Abkommen u.A. mit Frankreich, Belgien und Holland.
Ungewiss ist, wie sich polnische Bürger verhalten, wenn sie von einer deutschen Polizeistreife in Polen verhaftet werden. Unvorstellbar ist bislang ebenfalls, dass polnische Polizisten einen deutschen Staatsbürger in Deutschland verhaften könnten. Verstoßen die Pläne der polnischen und deutschen Innenminister und der Bürgermeister von Zgorzelec und Görlitz nicht etwas gegen die Grundgesetze von Deutschland und Polen? Und was halten eigentlich die Bürger beider Staaten von dieser neuen Initiative? Das wissen wir nicht, denn niemand hat sie gefragt.
Was halten unsere Leser von diesen Ideen? Wir bitten um Meinungen, ob die Zeit für solche Lösungen reif ist, und ob die Bürgermeister das Recht haben, im Namen ihrer Bürger zu sprechen, ohne diese zuvor zu befragen.