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Hitler-Tagebücher Die Jahrhundert - Fälschung?

Waldemar Gruna: Betrachtet man die jüngste Geschichte erscheint nicht alles klar und eindeutig. Journalisten die sich mit schwierigen Themen befassen geraten häufig in einen Strudel von Ereignissen, die durchaus auch zerstörerisch sein können. So wurden jüngst polnische Journalisten die die Zusammenarbeit Lech Wałęsas mit der Staatssicherheit, den vom Geheimdienst der Volksrepublik verübten Mord am Priester J. Popiełuszko oder den Flugzeugabsturz von Smolensk aufzuklären versuchten von Ermittlern zu Verfolgten und gerieten in Konflikt mit der polnischen Rechtsprechung. Nicht selten enden ihre Recherchen mit Gerichtsprozessen oder gar Selbstmordversuchen. Sie gelten als überaus erfolgreicher Journalist, erhielten u.a. den World Press Foto Award für ihre Fotoreportage über Kriege in Afrika, waren jahrelang vorbildlicher Stern-Reporter und auch der Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher im Jahr 1983 nahm kein tragisches Ende, auch wenn sie über 4,5 Jahre in Haft verbringen mussten. Könnten sie diese Geschichte und ihren Hintergrund aus der Sicht eines Journalisten beschreiben, der sich auf die Suche nach historischen Geschichten begibt?

Gerd Heidemann: Die umfangreiche Geschichte der Hitler-Tagebücher kann ich leider hier nicht beschreiben, weil sie erstens mehr als hundert Seiten umfassen würde und sie zweitens zur Zeit verfilmt wird. Erst vor zwei Wochen habe ich darüber für den Film drei Tage lang gesprochen. Wenn ich die Geschichte hier ausführlich schildern würde, bekäme ich großen Ärger mit der Filmproduktionsgesellschaft. Deshalb hier nur im Telegrammstil: Ich sah ein angebliches Hitler-Tagebuch bei einem Sammler in der Nähe von Stuttgart. Er erzähle mir, dass er es von einem Bekannten hätte, der aus der DDR geflohen sei und mit Hilfe seines Bruders, der General der NVA sei, weitere Tagebücher in den Westen schmuggeln würde. Dieser Bekannte wolle die Bücher an den amerikanischen Pressekontern Hearst für zwei Millionen Dollar verkaufen. Den Namen seines Bekannten wollte mir der Sammler nicht verraten. Er erklärte nur noch, die Bücher wären in einem abgestürzten Flugzeug gewesen, das Hitlers schriftlichen Nachlass nach Bayern transportieren sollte. Eine Woche später unterhielt ich mich in der Kantine mit meinem Chefredakteur Henri Nannen und fragte ihn, ob ihm bekannt sei, dass Hitler Tagebücher geschrieben habe. Nannen verneinte dieses, verwies mich an Dr.Thomas Walde,. den Ressortleiter für Zeitgeschichte, der darüber vielleicht etwas wüsste. Den sprach ich einige Tage später an. Obwohl der auch noch nichts über angebliche Tagebücher Hitlers gehört hatte, bat er mich, ich solle mich darum kümmern und diese Bücher für ihn beschaffen. Ich hatte aber in den folgenden Monaten ständig andere Themen zu bearbeiten, war hinter deutschen Geldräubern in Tunesien her, musste eine Geschichte über humanes Sterben auf der Intensivstation des Ulm Krankenhauses recherchieren und weitere Reportagen bearbeiten, so dass ich immer mal wieder von Dr. Walde gemahnt wurde, mich um das Thema „Hitler-Tagebücher“ zu kümmern. Um sicher zu sein, ob die Geschichte in etwa stimmen würde, suchte ich erst einmal das abgestürzte Flugzeug, das in der zeitgeschichtlichen Literatur als verschollen galt. Ich fand die Absturzstelle neben dem Dorf Börnersdorf im Osterzgebirge. General a.D. Hans Baur, Hitlers Privatpilot und Chef der Führerflugstaffel, den ich in Herrsching am Ammersee aufsuchte, bestätigte mir, dass Hitlers Aufzeichnungen an Bord der Maschine gewesen sein sollen. Er selbst hatte Hitler am 21. April 1945 den Verlust dieser Maschine gemeldet. Darauf soll Hitler gesagt haben: „Um Gotteswillen, da war mein Dienst Arndt an Bord, der arme Kerl. Ich hatte ihm wichtigste Unterlagen mitgegeben. Alle meine Aufzeichnungen, die der Nachwelt Zeugnis von allen meinen Handlungen ablegen sollten. Das wäre ja eine Katastrophe, wenn das verloren gegangen ist.“ Ich besorgte mir Akten des amerikanischen Geheimdienstes, auf denen hervorging, dass der Geheimdienst nach dem Krieg jahrelang nach den „Diaries“ Hitlers gesucht hatte, beschaffte mir den Nachlass von Hitlers Adjutanten Julius Schaub, der von der „Gepäckmaschine“ des Führers und seinen Tagebüchern geschrieben hatte. Erst als ich ziemlich sicher war, dass an der Geschichte etwas dran war, nahm ich mit Hilfe eines Verbindungsmannes Kontakt zu Kujau auf. Es wurde dann beschlossen, die besten Schriftgutachter weltweit zu beauftragen, die Schrift auf Echtheit zu überprüfen. Um die Gutachten sollten sich Dr. Thomas Walde und Wilfried Sorge, ein stellvertretender Verlagsdirektor, kümmern. Ich sollte auf Anweisung der Verlagsleitung die Tagebücher beschaffen, die Geschichte des Flugzeuges recherchieren und mir die Urheberrechte Hitlers an allen beschafften Dokumenten von der Bundesregierung übertragen lassen. Alle Gutachten, die bei uns eintrafen, waren positiv, nur das Bundeskriminalamt äußerte kurz vor der Veröffentlichung Bedenken, weil einige Papiere, die ich von Kujau erworben hatte, unter ultraviolettem Licht aufleuchteten. Es handelte sich um einige handschriftliche Neujahrswünsche Hitlers an andere Staatsmänner, die ich privat von Kujau erworben und dem Bundesarchiv geschenkt hatte. Von diesen Telegramm-Entwürfen hatte mir Kujau gesagt, sie seien nicht in dem abgestürzten Flugzeug gewesen, sondern in anderen DDR-Archiven. Deshalb war ich nicht gleich alarmiert, bat aber Dr. Werner, den Leiter der Abteilung Technik im BKA, alle Bedenken fernmündlich meinem Ressortleiter Dr. Walde mitzuteilen. Dr. Walde schickte daraufhin am 20. April 1983 eine Seite aus dem Hitler-Tagebuch über den Flug von Rudolf Heß per Einschreiben/Eilboten an Dr. Werner vom Bundeskriminalamt und bat darum, die Begutachtung mit Hochdruck zu betreiben. Dr. Walde weiter: „Es würde uns aber schon sehr nützlich sein, wenn Sie uns vorab, also vor Abfassung des endgültigen schriftlichen Gutachtens, fernmündlich rotes oder grünes Licht signalisieren, sobald Sie Gewissheit in der Echtheitsfrage haben.“ Nun wäre aber dieses rote oder grüne Licht ohnehin zu spät gekommen, denn bereits am Vorabend, am 19.April, war in einer kleinen Redaktionskonferenz beschlossen worden, die Tagebücher im Heft Nr. 18 zu veröffentlichen und das Heft um 48 Seiten zu erweitern, wobei man die zusätzlichen Kosten von 720 000 DM in Kauf nahm. Und dieses Heft wurde bereits gedruckt, als der Brief von Dr. Walde an das BKA noch unterwegs war. Als dann zwei Wochen später das „Bundesamt für Materialprüfung“ in Westberlin feststellte, dass die Tagebuch-Kladden Nachkriegspapier sein müssten, war die Blamage da. Ich kam in Untersuchungshaft, weil Henri Nannen mich angezeigt hatte, der Staatsanwalt warf mir zuerst vor, ich hätte die Fälschung billigend in Kauf genommen, und der Fälscher Kujau behauptete, er hätte nur 1,7 Millionen DM für die 60 Tagebücher von mir bekommen und nicht 9,3 Millionen, die ich ihm bezahlt hatte. Ich hatte zwar fast alle Gespräche, die ich mit Konrad Kujau geführt hatte, heimlich auf Tonband aufgenommen, also auch die Geldzahlungen. Aber da ich vorher nicht die Genehmigung für diese Aufnahmen bei einem Richter eingeholt hatte, wie mir der Vorsitzende der Strafkammer vorwarf, wurden die Bänder nicht ale Beweismittel herangezogen. Das Gericht hielt mir dann vor, dass ich auch wegen Hehlerei verurteilt werden könnte, da ich ja annahm, dass die Bücher aus dem abgestürzten Hitler-Flugzeug stammten. Meiner Ansicht nach hätte man dann aber die Verlagsleitung von Gruner+Jahr anklagen müssen, denn schließlich hatten sie die Bücher angekauft. Als Kujaus Anwalt mit dieser Begründung Strafantrag gegen die Verlagsleitung stellte, weigerte sich der Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Dafür hieß es später in meinem Urteil, ich sei mir besonders bewusst gewesen, dass es sich um einen Akt von Hehlerei gehandelt hätte, weil ich ja glaubte, dass die Bauern in Börnersdorf das Flugzeugwrack geplündert hätten. Und da ich nach Meinung der Großen Strafkammer 11 beim Verlag höhere Preise angegeben hätte, als ich selbst bezahlen musste und man von ca. 4,7 Millionen Mark ausging, die ich wahrscheinlich in die eigene Tasche gesteckt Hätte, brummte man mir 4,8 Jahre Gefängnis auf. Leider war das ein Fehlurteil, denn ich hatte das Geld wirklich an Kujau bezahlt. Aber so ist das Leben. Man wirklich manchmal für etwas bestraft, was man nicht getan hat, kommt dafür aber davon, wenn man wirklich etwas Verbotenes getan hat. Ich hatte mir mit meinem Kollegen und Freund Randy Braumann, mit dem ich manch ungemütlich oder heikle Situation in Kriegs- und Krisengebieten durchstehen musste, zwei Sprüche zu eigen gemacht: „Mal im Luxus und mal in der Scheiße“. Und wenn es Situationen gab, in denen wir unser Leben riskieren mussten, auf das wir damals im jugendlichen Leichtsinn wenig gaben, sagten wir „scheiß der Hund drauf“ und riskierten Kopf und Kragen. Und so nahm ich die Strafe für meine Dummheit, auf den Fälscher Konrad Kujau hereingefallen zu sein, ziemlich gefasst hin, ärgerte mich nur über das miese Verhalten der Chefredaktion und der Verlagsleitung, für die ich 30 Jahr lang Gesundheit und Leben riskiert hatte und die es nicht für notwendig erachteten, sich wenigstens die wichtigsten der über 300 Tonbandkassetten meiner Gespräch mit Kujau anzuhören.

W.G.: Auf Grundlage des Skandals um die Hitler-Tagebücher und ihre Veröffentlichung im Stern-Magazin entstand 1992 der Film „Schtonk!, der sogar für einen Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert war. Der Film war eher eine Komödie. Doch ihnen war damals eigentlich nicht nach Lachen zumute. Haben sie den Film gesehen? Wie bewerten sie ihn jetzt nach 20 Jahren? Warum gab es keine ernsthaftere Auseinandersetzung mit dem Fall, der schließlich jahrelang wie ein dunkler Schatten über dem deutschen Journalismus hing? Es scheint, dass die Sache einen doppelten Boden zu haben scheint, weil die Verstickung der deutschen Geheimdienste in diese Mystifizierung bis heute nicht aufgeklärt wurde.

Gerd Heidemann: Der Film „Schtonk“ war zwar ein gutgemachter witziger Film, hatte aber mit dem wirklichen Ablauf der Tagebuch-Geschichte nichts zu tun. Als ich von den Dreharbeiten in den Zeitungen las, habe ich damals die Produktionsfirma „Bavaria-Film“ angerufen. Es wurde mit von dem Mitproduzenten gesagt, es sei alles im Film frei erfunden. Als ich darauf hinwies, dass aber in allen Medien zu lesen wäre, dass Götz George den Reporter Heidemann spielen würde, bot man mir 20 000 DM an, wenn ich den Film akzeptieren würde. Da ich pleite war, habe ich natürlich zugesagt. Ich übernahm dann auch noch eine kleine Rolle in dem Film. Ich sollte den Wasserschutzpolizisten spielen, der den Reporter zum Schluss festnehmen sollte. So kam ich zwar an das Drehbuch, aber leider wurde diese Szene dann doch nicht gedreht. Ich hätte mich wirklich gern festgenommen. Als ich den Film dann im Kino sah, habe ich wirklich herzhaft lachen müssen. Ich muss aber sagen, so einen aufgeblasenen Reporter, wie ihn Götz George darstellte, hätte mein Chef Henri Nannen bereits nach fünf Minuten fristlos gefeuert. Von mir hatte Nannen immer behauptet, ich hätte deshalb so große Erfolge bei meiner Arbeit, weil ich mit dem unschuldigen Gesicht eines Messeknaben bescheiden auftreten würde. Das einzig Echte an dem Film waren also die falschen Hitler-Tagebücher. Und die Verstrickung der Geheimdienste in diesem Fall, nach der Sie fragen, ist eigentlich bereits in dem Buch „Der Fund – Gerd Heidemann und die Hitler-Tagebücher“ ausführlich geschildert worden. In der DDR war uns die Stasi bei den Recherchen um das abgestürzte Hitler-Flugzeug behilflich, und im Westen hatte uns unsere Behörden die Verbindung und Zusammenarbeit mit der Stasi genehmigt. Nach der Wende hatte die damals zuständigen ehemaligen Stasi-Offiziere das Buch „Auftrag: Irreführung“ geschrieben. Auf Seite 11 und 15 heißt es: „Die guten Beziehungen der HVA zum stern erklären zum Teil, warum wir Gerd Heidemanns Suche nach den Hitler-Tagebüchern nicht so ernst nahmen, wie es notwendig gewesen wäre. Überhaupt war Heidemann eher zufällig mit uns zusammengekommen…“. „…Und so gingen wir ohne weiteres auf Sonderwünsche von Gerd Heidemann und Thomas Walde ein und ließen sie auf dem Gebiet der DDR nach Hitlers angeblichen Tagebüchern suchen. Zum einen behielten wir ihre Aktivität so unter Kontrolle und zum anderen waren wir an den Ergebnissen ihrer Suche interessiert.“

W.G.: Der renommierte Fernsehsender ARTE zeigte vor kurzem den Dokumentarfilm „Kongo Müller“, der auf ihren preisgekrönten Reportagen aus Afrika basierte. Dieser Film ist für den GRIMME-Preis nominiert worden; das ist der höchste und wichtigste deutsche TV-Kunst-Preis. Wer war der Hauptprotagonist „Kongo Müller“?

Gerd Heidemann: Es war im September/Oktober 1964 meine erste Reise in ein afrikanisches Kriegsgebiet. Eigentlich wollte die kongolesische Zentralregierung Journalisten davon abhalten, über den Einsatz weißer Söldner gegen schwarze Rebellen zu berichten. Da ich aber dem Söldner-Hauptmann Siegfried Müller einige desertierte Söldner zurückbrachte, durfte ich eine Weile bei seinem „Commando 52“ bleiben und an den Kämpfen im Inneren des Kongo teilnehmen. Das „Commando 52“ bestand aus 30 Söldnern aus Deutschland, Österreich, Rhodesien, England, Südafrika, Portugal und der Tschechoslowakei. Für 1500 DM im Moment und 80 000 DM Versicherungssumme im Todesfall, hatten sie sich freuwillig in dieses Abenteuer gestürzt. Und Siegfried Müller, der sein Eisernes Kreuz im Zweiten Weltkrieg als Artillerie-Offizier erworben hatte, weil er rein zufällig mit seinen Geschützen etwas Wichtiges bei den Sowjets getroffen hatte, wie er mir beichtete, hatte sich in den Kongo begeben, weil ihm sein Job als Barkeeper zu langweilig geworden war und weil er glaubte, mit der Waffe in der Hand den Kommunismus bekämpfen zu müssen. Denn die Rebellen, Anhänger des ermordeten ersten kongolesischen Staatschefs Patrice Lumumba und seines ehemaligen Ministers Mulele, galten als kommunistisch beeinflusst und wurden sogar eine Zeitlang von Che Guevara gelenkt. Müller war eigentlich kein Draufgänger, sondern immer sehr ruhig und bedächtig. Er selbst war an keinen Grausamkeiten seiner Leute beteiligt, entschuldigte aber ihr Tun mit dem alten Spruch: „Tadele nie die Missetaten der Soldaten. Leuten, die da sterben sollen, gebet, was sie haben wollen.“ Außer meiner Fotoausrüstung hatte ich ein großes Tonbandgerät mitgeschleppt und nahm alle Interviews mit den Söldnern und ihrem Hauptmann auf Tonband auf. Ich wollte herausbekommen, welche Motive diese Männer bewogen hatten, sich in ein solch blutiges Abenteuer zu stürzen und Missetaten zu begehen oder zuzulassen. Denn es war für mich erstaunlich, wie schnell die dünne Zivilisationsschicht von den Männern abfiel und sie zum Töten bereit waren. Zuerst einmal aber wollte ich mir Überblick über die Gesamtsituation im Kongo verschaffen und herausbekommen, wie es überhaupt zum Einsatz der Söldner gekommen war. Im Sommer 1964 hatte sich die Lage im Kongo nach dem Abzug der UN-Truppen zugespitzt und deshalb hatte man den früheren Präsidenten des Landes aus seinem Exil in Spanien zurückgeholt und zum Premierminister gemacht. Er versuchte das Land zu einen, aber die Anhänger Muleles hatten in großen Teilen des Kongos die Macht an sich gerissen. Große Teile der Nationalarmee hatten sich daraufhin den Rebellen angeschlossen. Im Norden war die wichtige Provinzhauptstadt Coquilhatville bereit zur Kapitulation. War diese Stadt erst in der Hand der Rebellen, wäre die Rückeroberung des Nordteils des Landes sehr schwierig geworden. Deshalb wurde unter Captain Siegfried Müller in Kamina, dem Ausbildungsort der weißen Söldner in Katanga, ein Spezialkommando gebilder, das „52nd Commando“. Dieses Spezialkomando konnte die Übergabe der Stadt an die Rebellen in letzter Minute verhindern. Mit seinen 30 Mann und der Hilfe einiger regierungstreuer einheimischer Soldaten, stieß Müller in Richtung Osten bis nach Ingende vor, baute dort am Flußübergang eine Stellung aus und machte sich dann auf den Weg nach Boende, einer Hochburg der Rebellen. Die erste sogenannte „Feindberührung“ gab in dem kleinen Ort Bongila, woe Krieger mit Schild und Speer die Söldner erwarteten. Nach der Androhung, beim geringsten Widerstand das Dorf abzubrennen und alle Einwohner zu töten, verschwanden die schwarzen Krieger und gaben den Weg frei. Dieser Weg, der wie ein Feld- und Wiesenweg in Europa aussah, war die Hauptstraße durch den Kongo. Streckenweise lief diese Straße mitten auf dem Äquator entlang. Ein Denkmal am Wegrand erinnerte an den Besuch Stanleys. Das erste Feuergefecht, das den deutschen Söldner Fritz Kötteritsch aus Münster das Leben kostete, gab es am Flußufer des Tshuapa vor der Stadt Boende. Müller geriet mit seinen Leuten in schweres Maschinengewehrfeuer vom gegenüberlegenen höher gelegenen Ufer. Die Söldner mussten sich über 70 km bis zum Dorf Bekili zurückziehen, wo es die Ruine eines Steinhauses gab, das einmal für durchreisende belgische Beamte in der Kolonialzeit erbaut worden war. Hier gingen sie in Stellung. Und weil es einigen der Söldner auch hier zu gefährlich war, hatten sie sich ohne Erlaubnis ihres Kommandeurs bis nach Ingende zurückgezogen, wo ich sie angetroffen und zur Rückkehr nach Bekili überredet hatte. Fast zwei Wochen lang hielt ich mich beim „Commando 52“ auf, erlebte einige Angriffe der Rebellen, wobei ich nur einen Durchschuss durch die Kniekehle der Hose bekam, der mich zwar nicht verletzte, aber zwei Löcher in der Hose hinterließ. Ende Oktober 1964 traf ich wieder in Hamburg ein, und die Reportage „Auf der Straße der Landsknechte“ wurde in drei Folgen im „stern“ veröffentlicht. Bereits im November 1964 mußte ich mit belgischen Fallschirmjängern wieder in den Kongo, um in Stanleyville belgische Geiseln aus der Hand der Rebellen zu befreien. Von diesem Zeitpunkt an und nachdem ich in den Haag die Goldmedaille für die beste Bildreportage 1965 die Goldmedaille und den Ersten Preis bekommen hatte, durfte ich im Auftrag der Chefredaktion über ein Dutzend weiterer Kriege in Afrika und im Nahen Osten berichten. Die meisten dieser nicht ganz ungefährlichen Reisen unternahm ich gemeinsam mit meinem Freund und Kollegen Randy Braumann, der dadurch auch den Spitznamen „Kongo-Randy“ erhielt.

W.G.: Ende 2010 erschien in Großbritannien das Buch „Grey Wolf: The Escape of Adolf Hitler“ von Gerrard Williams und Simon Dunstan, die die Flucht Adolf Hitlers nach Argentinien beschreiben. Einige Monate zuvor war es im Internet möglich 203 Seiten freigegebenes Material des FBI über das Überleben A. Hitlers und E. Brauns und ihr vermutetes Untertauchen in Südamerika herunter zu laden. Im Jahr 2009 veröffentlichte der polnische Publizist Igor Witkowski ein Buch mit ähnlicher Thematik: „Hitler in Argentinien und das Vierte Reich“. Renommierte Historiker haben diese Theorien als Blödsinn abgetan. Sind auch sie skeptisch angesichts dieser nicht wissenschaftlicher Theorien? Sind ihnen jemals Geschichten über das Dritte Reich aufgefallen, die auch Historiker erstaunen und in Verlegenheit bringen können?

Gerd Heidemann: Natürlich kenne ich viele Geschichten aus dem Dritten Reich, die bisher kaum bekannt sind und Historiker in Erstaunen versetzen würden. Darum habe ich sehr oft Anfragen von Studenten und Historiker zu bestimmten Themen und Interviews, die ich mit hohen SS-Führern gemacht habe, die sonst für niemanden zu sprechen waren. Dass Hitler und Eva Braun nach Südamerika geflohen sein sollen, ist kompletter Unsinn. Hitler hatte keinen Doppelgänger und hat sich wirklich mit seiner frisch angetrauten Frau am 30. April 1945 das Leben genommen. Ich habe mit fast allen wichtigen Zeitzeugen gesprochen, z.B. monatelang mit dem letzten Kampfkommandanten der Reichskanzlei, dem ehemaligen SS-Brigadeführer Wilhelm Mohnke, mit dem ehemaligen SS-Obergruppenführer Karl Wolff, mit General Hans Baur und mit SS-Führer Otto Günsche, der die Leichen Hitlers und seiner Frau Eva aus dem Bunker herausgetragen hat, damit sie verbrannt werden konnten. Außerdem habe ich die Obduktionsberichte und die sowjetischen Akten über Hitlers Tod. Stalin glaubte nur seinem damaligen Geheimdienst nicht, der den Tod Hitlers einwandfrei belegt hatte. Er hielt Hitler einfach für zu schlau und glaubte, dass Hitler einen Doppelgänger gehabt und sich selbst rechtzeitig aus Berlin abgesetzt hatte. Ich war ja 1979 auch einige Monate lang in Südamerika und habe in Chile, Argentinien, Paraguay, Bolivien und Brasilien mit General a.D. Karl Wolff seine ehemaligen Untergebenen besucht und interviewt. Schon damals verrieten mir die ehemaligen SS-Führer, dass sie in Südamerika für unsere westlichen Geheimdienste arbeiteten. Wenn die Geheimdienste unserer Justiz die entsprechenden Informationen gegeben hätten, hätte mancher Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen werden können. Erst vor kurzem musste der Bundesnachrichtendienst die Akten darüber freigeben.

W.G.: Ende September erschien in der Geschichtsbeilage der Gazeta Wyborcza (der größten und einflussreichsten polnischen Tageszeitung) ein umfangreicher Text unter der Überschrift „Falsche Hitler-Tagebücher“. Der Artikel wurde auf der Titelseite beworben. Schon der erste Satz „Gerd Heidemann erinnert sich an den Moment, als er diese Worte zum ersten Mal las...“ deutet darauf hin, dass der Journalist mit Ihnen darüber gesprochen hat. Im Artikel werden zahlreiche Aussagen von Ihnen zitiert und am Ende steht: „Alle meine Gegner sind nicht mehr am Leben“ – sagt Heidemann mit Befriedigung über die Fälscher und Vorgesetzten, die Ihn entlassen haben. Seitdem sein journalistischer Ruf zerstört ist vegetiert er vor sich hin. Er ist bankrott und hat 700 Tausend Euro Schulden.“ Der Autor der Gazeta Wyborcza konnte diese Befriedigung in Ihrer Stimme gar nicht wahrgenommen haben, weil er mit Ihnen nie gesprochen hat. Was halten Sie von diesem Zitat und dem Artikel in der wichtigen polnischen Tageszeitung, die sich hoher journalistischer Maßstäbe rühmt?

Gerd Heidemann: Ihr Kollege von der Warschauer Zeitung hat offensichtlich geschwindelt und einfach ein Interview übernommen, das ich dem Berliner Journalisten-Magazin NITRO vor einem Jahr gegeben habe. Es sollte schon im Dezember 2011 zu meinem 80. Geburtstag veröffentlicht werden, ist aber erst jetzt in der September-Ausgabe erschienen. Ich werde Ihnen das vollständige Interview im Anhang zuschicken. Alle Einträge in roter Schrift stammen von mir und sind von mir beim Redigieren des mündlichen Interviews schriftlich verbessert oder hinzugefügt worden. Ich kannte das Dichterwort aus den Erzählungen aus "Tausendundeiner Nacht", das lautet: "Ein Mann, der seinen Feind noch überlebt um einen Tag, erreicht, was er erstrebt." Deshalb habe ich auf die Frage der Chefredakteurin des Magazins: "Sie sind jetzt 80 Jahre alt. Wenn Sie zurück blicken, sind Sie verbittert?" schriftlich geantwortet: "Nein, ich weiß ja, wie das Leben spielt. Einer muß immer der Sündenbock sein. Ich sehe das heute gelassen, zumal fast alle Kollegen und Vorgesetzten, die mir Böses wollten, inzwischen verstorben sind. Und wenn man seine Feinde nur um wenige Tage überlebt, hat man schon gewonnen."Ich habe das also nie mündlich gesagt, deshalb hat Ihr Warschauer Kollege gelogen.